Kalte Nahwärmenetze

Eine innovative Lösung für die kommunale Wärmeversorgung

Die Transformation von zentraler fossiler Energieerzeugung hin zu dezentralen erneuerbaren Energien ist eine der größten Herausforderungen für Kommunen. Kalte Nahwärmenetze (KNWN) bieten hier eine besonders effiziente und zukunftsweisende Lösung für die Quartiersversorgung.

Funktionsweise

Ein kaltes Nahwärmenetz wird auf dem Temperaturniveau des umgebenden Erdreichs betrieben, typischerweise zwischen 5-15°C. Die Leitungen werden oberflächennah verlegt und müssen – anders als bei konventionellen Wärmenetzen – nicht gedämmt werden. Dies reduziert nicht nur die Investitionskosten, sondern ermöglicht einen besonderen Vorteil: Die ungedämmten Rohrleitungen fungieren selbst als geothermische Kollektoren und können Energie aus dem Untergrund beziehen oder in ihn einspeisen.

In den angeschlossenen Gebäuden werden dezentrale Sole/Wasser-Wärmepumpen installiert. Diese nutzen das kalte Netz als Wärmequelle und heben die Temperatur auf das für Heizung und Warmwasser benötigte Niveau an. Im Sommer kann das System auch zur Kühlung genutzt werden, indem überschüssige Wärme aus den Gebäuden in das Netz und damit in den Untergrund abgeführt wird. Diese saisonale Speicherung im Erdreich trägt zur Regeneration des Systems bei.

Zentrale Vorteile:

1. Energieeffizienz

  • Minimale Wärmeverluste durch niedrige Systemtemperaturen
  • Nutzung der Rohrleitungen als zusätzliche Wärmequelle (Kollektorfunktion)
  • Möglichkeit der saisonalen Wärmespeicherung im Erdreich
  • Bidirektionaler Betrieb ermöglicht Heizen und Kühlen
  • Deutlich höhere Effizienz der Sole/Wasser-Wärmepumpen im Vergleich zu Luft/Wasser-Wärmepumpen durch konstanteres Temperaturniveau der Wärmequelle

2. Wirtschaftlichkeit

  • Geringere Investitionskosten durch Verzicht auf Rohrdämmung
  • Reduzierte Betriebskosten durch minimale Wärmeverluste
  • Kleinere Dimensionierung der gekoppelten Quellensysteme möglich
  • Integration von Photovoltaik für den Wärmepumpenbetrieb möglich

3. Nachhaltigkeit

  • Vollständig brennstofffrei konzipierbar

  • Hoher Anteil erneuerbarer Energien

  • Nutzung lokaler Energiequellen

  • CO2-neutrale Betriebsweise bei Nutzung von Ökostrom

4. Flexibilität und Zukunftssicherheit

  • Modularer Aufbau ermöglicht schrittweise Erweiterung
  • Integration verschiedener erneuerbarer Energiequellen möglich
  • Anpassungsfähig an unterschiedliche Gebäudetypen und -standards
  • Lastverschiebung durch Erdreichspeicher möglich

5. Betriebsvorteile der Sole/Wasser-Wärmepumpen

  • Deutlich geringere Geräuschentwicklung im Vergleich zu Luft/Wasser-Wärmepumpen, da keine Außeneinheit mit Ventilator benötigt wird
  • Höhere Jahresarbeitszahlen durch stabileres Temperaturniveau der Wärmequelle
  • Bessere Effizienz besonders in der Heizperiode, wenn Luft/Wasser-Wärmepumpen bei niedrigen Außentemperaturen ineffizient werden
  • Geringerer Wartungsaufwand durch weniger bewegliche Teile und geschützten Betrieb
  • Längere Lebensdauer der Anlagenkomponenten


Besonders geeignet sind KNWN für Neubaugebiete mit Gebäuden nach aktuellem Energiestandard. Die dezentrale Struktur mit Wärmepumpen in jedem Gebäude ermöglicht eine individuelle Regelung und Optimierung. Durch die Integration von Photovoltaikanlagen auf den Dächern kann ein Teil des Strombedarfs der Wärmepumpen direkt vor Ort erzeugt werden.

Planungsaspekte

Bei der Planung eines KNWN sind einige Besonderheiten zu beachten:

  • Geologische Eignung des Untergrunds muss geprüft werden
  • Wasserrechtliche Genehmigungen sind erforderlich
  • Ausreichend Fläche für eventuelle Erdwärmesonden muss verfügbar sein
  • Gebäude sollten für Niedertemperaturheizsysteme ausgelegt sein
  • Koordination mit anderen Versorgungsleitungen notwendig


Die Erfahrungen aus realisierten Projekten zeigen, dass KNWN eine technisch ausgereifte und wirtschaftlich attraktive Option für die zukunftsfähige Wärmeversorgung von Quartieren darstellen. Sie vereinen die Vorteile der oberflächennahen Geothermie mit effizienter Wärmepumpentechnologie und bieten dabei hohe Flexibilität für zukünftige Entwicklungen.

Für Kommunen bieten KNWN die Chance, ihre Klimaschutzziele im Wärmesektor effektiv umzusetzen und gleichzeitig eine zukunftssichere Infrastruktur für ihre Bürger zu schaffen.

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